Mimi und Hasan streichen ihre Wohnung
Eine Kindergeschichte von Hermann Bauer
Illustrationen von Franziska Kuo

Illustration: Franziska Kuo

Mimi und Hasan wohnten in einem sehr alten Haus. Von den schmutzigen Wänden blätterte schon seit langer Zeit die Anstrichfarbe ab. Da beschlossen die beiden Freunde, Wände und Decken zu streichen. Aber welchen Farbton sollten sie wählen? Vielleicht blau und rot oder doch lieber grün und gelb?
Hasan meinte: „Wir streichen alles weiß, das ist am schönsten.“
Mimi war aber anderer Meinung: „Du meinst wohl, nur weil du ein weißer Hase bist, muss alles weiß sein.“
„Ich könnte mir vorstellen, dass du lieber schwarze Wände und Decken möchtest, nur weil du zufällig eine schwarze Katze bist“, entgegnete Hasan.
„Schwarz würde mir tatsächlich besser gefallen als weiß. Aber um nicht weiter zu streiten, schlage ich vor, wir gehen zu einem Farbengeschäft. Ein Fachmann kann uns dort sicher gut beraten.“
Die Idee war gut und so gingen Mimi und Hasan zu einem Farbengeschäft.

Illustration: Franziska Kuo

Der Verkäufer hörte sich das Problem der beiden aufmerksam an und sagte: „Grundsätzlich kann jede Farbe genommen werden. Aber der Farbton sollte zu den Tieren, die in den Räumen wohnen, passen. Einem Papagei würde ich bunte Decken und Wände empfehlen. Das passt zu ihm und er fühlt sich in den Zimmern dann auch sehr wohl. Jeder Fuchs oder Dachs streicht seine Wohnung braun. Braun wie die Erde in seinen unterirdischen Gängen. Ein Vogel würde seine Zimmerdecke sicherlich blau streichen. Blau ist auch der Himmel. Die Wände könnten dann grün wie die Wiesen und Wälder sein.“

Illustration: Franziska Kuo

Das verstanden Mimi und Hasan und die schlaue Katze fragte den Verkäufer: „Und wie wäre es, wenn wir alles in schwarzen und weißen Streifen streichen würden, das passt doch dann zu uns beiden?“
Da musste der Verkäufer herzhaft lachen: „Ihr seid doch keine Zebras! An eurer Stelle würde ich ein Zimmer weiß, das andere schwarz malen. Dann hat Mimi ihr schwarzes, Hasan sein weißes Zimmer. Und wenn einer von euch eine andere Farbe sehen möchte, kann es in das andere Zimmer gehen und hat die gewünschte Abwechslung.“
Mimi und Hasan sahen sich begeistert an und sagten: „Das ist ein sehr guter Vorschlag. So machen wir es!“

Illustration: Franziska Kuo

Der Verkäufer gab den beiden Tieren, was sie zum malern brauchen würden: Kübel mit weißer und mit schwarzer Farbe. Außerdem kleine und große Pinsel. Die Farbkübel waren sehr schwer zu tragen und Mimi und Hasan waren erschöpft, als sie zuhause ankamen.

Illustration: Franziska Kuo

In beiden Zimmern, die gestrichen werden sollten, standen Betten, Schränke, Tische und Stühle. Am Boden lagen Teppiche und viele Spielsachen. Dies alles mussten Mimi und Hasan aus den Zimmern tragen.

Illustration: Franziska Kuo

Zuletzt hängten Mimi und Hasan die Vorhänge ab. Eine Maus half auch mit. Alle Räume waren nun völlig leer.
Durch diese anstrengende Arbeit bekamen beide großen Durst. Mimi trank eine Tasse Milch und Hasan ein Glas Karottensaft. Dann konnte das Streichen losgehen ...

Illustration: Franziska Kuo

Hasan begann Mimis Zimmer zu streichen. Er nahm den Deckel des Farbkübels ab, tauchte einen großen Pinsel in die pechschwarze Farbe ein und strich zuerst die Decke, dann die vier Wände des Katzenzimmers. Hasan gab sich große Mühe, deshalb dauerte es lange, bis Hasan alles schwarz gestrichen hatte.

Illustration: Franziska Kuo

Als Hasan mit dem Streichen des Zimmers fertig geworden war, wunderte er sich, warum die Katze und die Mäuse, die ihn beim Streichen genau beobachtet hatten, schadenfroh lachten.

Illustration: Franziska Kuo

Als Hasan in den Spiegel blickte, wusste er, warum Mimi und die Mäuse sich über ihn lustig gemacht hatten. Der ganze Hase war jetzt nicht mehr weiß, sondern überall am ganzen Körper voll schwarzer Farbe, die von der Decke auf ihn getropft war. Hasan erschrak sehr, beide Ohren waren geknickt und er weinte jämmerlich und herzerweichend.
Hasan ärgerte sich sehr über seine Ungeschicktheit und Dummheit.

Illustration: Franziska Kuo

Mimi hatte aber schon heißes Wasser in die Badewanne einlaufen lassen. Hasan sprang in die Wanne, so dass nur noch seine langen Ohren aus dem Wasser ragten. Mimi seifte den Hasen ein und bürstete sein Fell. Die Farbe war aber so tief ins Fell eingedrungen, dass Hasans Fell nicht mehr ganz weiß wurde. Jetzt war er ein grauer Hase.

Illustration: Franziska Kuo

Nun kam Mimi an die Reihe. Sie musste Hasans Zimmer weiß streichen. Innerlich lachte jetzt Hasan schon und er freute sich, beobachten zu können, wie das schwarze Katzenfell von Mimi durch die weiße Farbe weiß werden würde. Hasan hatte sich allerdings getäuscht. Dazu war die Katze viel zu schlau, den gleichen Fehler wie der Hase zu machen. Hasan traute deshalb seinen Augen kaum, als er sah, wie Mimi die Decke strich ...
Mimi band den Pinsel an eine lange Stange und tauchte den Pinsel nicht so tief in die Farbe ein wie Hasan es tat. Dadurch war weniger Farbe auf dem Pinsel und es tropfte fast gar nicht. Dann legte sich Mimi mit dem Rücken auf den Boden und strich mit der langen Stange und dem Pinsel auf der Spitze die Decke. Die wenigen Tropfen, die herunter fielen, fing Mimi mit ihrer Pfote auf. Da aber ihre Pfote weiß war, verfärbte sich ihr Fell nicht in einen anderen Farbton. Alle Tropfen konnte sie natürlich nicht fangen, manche fielen deshalb auf ihre Brust und die war schon weiß. Als Mimi mit dem Streichen fertig war, sah Mimi genauso schwarz wie vorher aus. Weiße Pfoten und eine weiße Brust hatte sie schon immer.

Illustration: Franziska Kuo

Von nun an musste Hasan morgens und abends in die Badewanne hüpfen und sich von seinen langen Ohren bis zu den Pfoten waschen. Es dauerte viele Wochen, bis sein Fell wieder so schön weiß und flauschig wie früher war. Beide Tiere hatten nun ein neu gestrichenes Heim. Sie fühlten sich darin sehr wohl und sie waren sehr glücklich darüber. Außerdem hatten sie ein Erlebnis gehabt, über das sie noch jahrelang lachen mussten. Und die Mäuse erzählen sich heute noch diese Geschichte ...

© by Franziska Kuo und Hermann Bauer